Alles andere, Kopfgewusel

Harte Arbeit mit mir selbst – Depression und Angststörung

Gleich mal vorweg, wenn euch das Thema Depression auf den Nerv geht und ihr hier nicht mehr davon lesen wollt, dann kann ich das gut verstehen. Aber ich muss euch auch sagen das es mich sehr beschäftigt und ich noch einiges dazu hier schreiben werde. Ihr habt ja die Wahl einfach nicht mehr hier zu lesen oder aber die Artikel über Depression einfach auszulassen mit lesen. Ich habe diese Wahl nicht, denn die Depression ist ein Teil von mir, der nicht weg geht und der jetzt endlich, nach Jahrzehnten im verborgenen, aufgearbeitet werden möchte. Oder sagen wir, nicht die Depression an sich will aufgearbeitet werden, sondern die ganze Geschichte meines frühen Lebens die dazu geführt hat das sie überhaupt mein Begleiter geworden ist und bis heute einen Teil meines Ichs ausmacht.

Je mehr ich mich damit beschäftige und es analysiere und begreife was genau die Ursachen und Auslöser waren, umso mehr Verständniss kann ich mir selbst entgegenbringen und Akzeptieren das ich so ticke wie ich eben ticke. Es ist nicht mehr dauernd dieses Gefühl da, du bist völlig falsch so durchgeknallt wie du denkst. Nein, es ist ein drauf schauen wie ich es auch bei anderen mache wenn die Probleme haben. Ist eine sehr gute Eigenschaft von mir, das ich nicht verurteile sondern (fast) immer versuche Verständnissvoll auf andere zu schauen, egal was da ist. Dieses Verständnissvolle drauf schauen auf mich selber, hat jetzt so langsam eingesetzt und es fühlt sich gut an.

Ständig und jederzeit funktioniert es zwar nicht, aber das muss es aus meiner Sicht auch nicht. Es ist ok wenn ich am Tag von einem Gefühlsding ins nächste rutsche, es ist nur wichtig das ich es betrachten kann und für mich auch benennen kann warum es jetzt grad da ist. Wenn ich dann noch einen Schritt weiter gehen mag dann spreche ich es mittlerweile auch direkt aus und teile es mit, zumindest meinen engsten Vertrauten (Partner, Töchter, Schwiegermama/papa), bei allen anderen ziehe ich mich nach wie vor lieber zurück oder lege dann die Maske auf und lächle.

Ich finde das aber jetzt auch nicht schlimm, denn wer mir nicht besonders nahe steht, der muss auch nicht unbedingt jede kleinste Gefühlsebene wissen die da grad bei mir vorgeht, denn teilweise sind diese Ebenen innerhalb von Minuten oder Stunden schon wieder völlig anders. Das springt mitunter wie ein Flummi durch den Kopf/Körper und wenn ich da dann sage „du ich bin grad sehr traurig“ und nach ner kleinen Weile ist es wieder weg und ich lach mich schlapp wegen völlig absurdem Kram, dann ist das für mich schon ziemlich anstrengend nachzuvollziehen, aber wie ist es dann erst für Menschen die mich nicht so gut kennen? Selbst meine nächsten Vertrauten haben da (bestimmt) Schwierigkeiten, weil ich eben nach wie vor auch sehr gut im verstecken/überspielen bin. Mein komplettes Gefühlschaos/leben offen und immer absolut ehrlich zur Schau tragen, nee Danke da hab ich dann doch Angst das man mich wegsperrt °o° und andererseits wer macht das schon? Und was würde das aus dem Zusammenleben der Menschen machen? Wenn wirklich ausnahmslos jeder seine momentanen inneren ehrlichen Gefühle/Emotionen offen auslebt egal in welcher Situation er grad ist? Uff nee, ich glaub das ist nicht so toll.

Wenns richtig schlecht ist und ich komplett Down bin, dann hab ich ohnehin keinen Kontakt mit Aussenstehenden, dann bleib ich lieber in meinem geschützten Bereich bis es wieder geht. Das ich mir erlaube auch einfach mal in meiner Schutzzone (Wohnung) zu bleiben, tut auch sehr gut, es nimmt den Druck raus funktionieren zu müssen. Denn vorher bin ich auch in ganz schlechtem Zustand nie im Bett geblieben oder Zuhaus, ich habe mich gezwungen und mich veruteilt und mich schlecht gemacht und mich dann durchgequält durch einen verdammt beschissenen Tag, um nur ja nicht zu sagen: „Ich kann nicht mehr! Es wird mir grad alles zuviel, ich möchte das jetzt nicht, ich habe Angst!“ Mittlerweile weiß ich das dieses Verhalten alles verschlimmert, zumindest bei mir.

Dieses Verhalten zu erkennen als einen Verschlimmerungsfaktor der Depression und Angststörung, war ziemliche Arbeit für mich. Denn erkannt habe ich das vorher nicht und hab es auch nicht benennen können. Das ist mir erst in den letzten Monaten aufgefallen, seit ich dieses Verhalten versuche abzustellen und merke das es mir dann schneller wieder besser geht im Kopf. Bewußt abstellen hab ich aber auch nicht gemacht, irgendwie ging es seit der Diagnose einfacher auch mal zu sagen „Nein ich mag jetzt dies oder jenes nicht, das macht mir Angst oder das ist mir heut zuviel.“ Hab ich das dann erst mal ausgesprochen, stellt sich irgendwann danach dann auch ein ein wenig leichteres Gefühl ein. Schwierig zu sagen wann, kann schon kurz danach sein oder etwas dauern, aber es funktioniert um nicht im Dunkel oder in der Angst oder beidem zugleich stecken zu bleiben. Überhaupt dieses einfach mal äußern was man jetzt grad wirklich will oder eben nicht will, hat erstaunliche Auswirkungen auf das eigene Befinden.

Mag bestimmt für viele völlig normal sein, auch so das sie es wahrscheinlich gar nicht registrieren, weil sie es immer schon so gemacht haben. Und da haben sie dann echt einen großen Vorteil, denn das ist wohl einer von etlichen Schlüsseln für ein besseres Wohlbefinden für sich selbst.

Macht man es so wie ich, permanent gegen sein eigenes selbst handeln und entscheiden, ist das ziemlicher Murks der auf Dauer Chaos im Inneren anrichtet. Komischerweise betrifft dieses Verhalten aber nicht die Großen Dinge, da kann ich sehr gut sagen, nein das will ich nicht. Es sind so diese kleinen eher unscheinbaren Dinge wo es mir schwer fällt zu sagen nein das will ich jetzt nicht. Ich versuchs mal zu erklären: Wenn mir jemand was andrehen will, Versicherung oder was auch immer, der hat seine Abfuhr mit dem klaren Nein schon bevor er überhaupt die Frage zuende gestellt hat. Geht es aber um kannst du das eben schnell machen, dann fällt es mir unheimlich schwer Nein zu sagen, ich mach dann auch wenn ich nicht will und ich richtige Scheißlaune kriege. Ich weiß auch wo der Ursprung dieses Verhaltens liegt, der ist früh  anerzogen worden und die zaghaften Wiederworte wurden rigeros aberzogen mit Methoden die man als Eltern nicht anwenden sollte, zumindest sehe ich das mit meiner Erfahrung als Mama so. Wiederstand dagegen (und gegen vieles andere) wuchs dann erst mit der Pubertät wieder und da endete es auch in ersten schweren Depressiven Schüben, wie ich heute weiß.

Ob das jetzt für jeden Nachvollziehbar ist weiß ich nicht, ich weiß aber für mich wo ich ansetzen muss und das ist wichtig um besser mit der Depression und der Angststörung umgehen beziehungweise leben zu können. Richtig blöd ist nur das dieses Verhaltensmuster nicht die einzige Baustelle ist, da sind noch so viele andere die ich bearbeiten muss um irgendwie alles in die Reihe zu bekommen. Harte Arbeit auf dem Weg zu meinem eigenen Ich.

Es ist als ob ich mein komplettes Ich umkrempeln muss das ich immer für das richtige Ich gehalten habe. Aber das war wohl ein Ich was eben nicht wirklich Ich war.

Das Zitat von mir sagt genau das was ich fühle und was ich zur Zeit aktiv mache, je öfter ich es lese umso mehr wird mir das bewußt, irgendwie komisch sich selbst zu Zitieren aber das passt einfach.

Aurelia

2 Kommentare

  1. Das Thema wird mir als Leserin nicht zu viel und wenn es dein Thema ist, dann ist das so. Ich lese alles, was du schreibst und das wirklich gerne – manchmal fällt es mir nur schwer, kommentierenderweise die „richtigen“ Worte zu finden. Die über ein „ich versteh dich“ oder „fühl dich gedrück“ hinausgehen, wenn du verstehst. 😉

    @ „Je mehr ich mich damit beschäftige und es analysiere und begreife was genau die Ursachen und Auslöser waren, umso mehr Verständniss kann ich mir selbst entgegenbringen und Akzeptieren das ich so ticke wie ich eben ticke.“: Mir kam neulich beim Durchwühlen meiner CDs eine Meditation unter, die ich – warum auch immer – plötzlich unbedingt hören musste. Darin solltest du dich u.a. von außen selbst betrachten –
    und zwar mit den Augen eines Menschen, der dich über alles liebt. Keine Abwertung, nur Mitgefühl und Verständnis für das, woher du kommst und für das, was du bisher erreicht hast. Ach je… und die Schleusen öffneten sich. Was für eine Flennerei… 😉

    Und jetzt schicke ich dir einen virtuellen Drücker. 😉

    • Danke dir Drücker zurück 🙂
      das mit der Meditation klingt ja wirklich so wie das was ich da grad bei mir rausgefunden hab 🙂 dieses Verständnissvolle auf sich schauen, ist noch völlig ungewohnt aber es scheint einer von vielen Schlüsseln zu sein.
      Freu mich jedensfalls das du hier alles liest was ich so schreibe und das mit dem immer die richtigen Worte finden, jup kenn ich auch, dafür haben wir aber ja diesen netten WordPressButton nech 🙂 der muss dann einfach mal reichen *schmunzel….
      Liebe Grüße

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